Donnerstag, 26. März 2009

In der Straßenbahn IV


Bernd zog sich seinen Haargummi aus den Haaren und band seinen Zopf fester. Lasse pfiff und grinste ihn breit an. Bernd musterte ihn betont abschätzig von oben bis unten.
„Sehr witzig.“
Lasse grinste noch breiter, legte den Kopf schief und zwinkerte ihm zu. Er begann mit seinen Fingern auf seinem Bein einen Rhythmus zu trommeln. Bernd hielt einen Moment inne, lächelte und begann zu pfeifen. Nach einigen Taktschlägen brach er ab und trommelte nun selbst einen neuen Rhythmus auf seinem Oberschenkel. Lasse legte seine Stirn in Falten, schloss für einen kurzen Moment die Augen, lächelte und pfiff die passende Melodie zu Bernds Takt.

Würde mich aber jetzt trotzdem interessieren wer dieses Mädel heute Nachmittag war. Bernd entschloss sich den Gesprächsfaden noch einmal aufzunehmen und holte Luft. Im Augenwinkel nahm er eine Bewegung war. Er schaute auf und sah wie dieser Schwarzfahrer – wie hieß er noch gleich? Bastian? – auf sie zukam. Er zog die Augenbrauen hoch und hielt mit dem Trommeln inne. Dieser Bastian sah ganz schön fertig aus. Hochrotes Gesicht, Schweiß auf der Stirn, kurzer, flacher Atem und die Augen weit aufgerissen. Was war los mit dem? Sieht irgendwie krank aus, überlegte Bernd. Mit einem Kopfnicken in Bastians Richtung machte er Lasse auf ihn aufmerksam. Der wandte den Kopf nach hinten. Er entzog so sein Gesicht Bernds Blicken.
„Warum hast Du Dich eingemischt?“, die Stimme des Blondschopfs klang abgehackt und heiser.
„Keine Ahnung. Hat so ausgesehen als könntest Du ein wenig Unterstützung gebrauchen.“, Lasses Stimme klang so ruhig, so allwissend.
Sein Tonfall erinnerte Bernd an seinen Vater. Der hatte auch immer so mit ihm gesprochen, wenn er ihm klar machen wollte dass er keine Ahnung hatte. Bernd sah wie Bastians Augen kurz aufblitzten und konnte diese Wut gut verstehen. Er stupste Lasse unauffällig mit dem Fuß an, aber der zog ihn einfach weg und achtete nicht weiter auf ihn.
„Sag mal, geht’s Dir nicht gut?“, Lasses Stimme klang jetzt ein wenig besorgt.
Ein Ruck ging durch die Bahn. Bastian sah auf. Bernd war sich nicht sicher, aber er hatte irgendwie das Gefühl, dass die ganze Spannung aus ihm wich. Im Augenwinkel sah er wie eine sehr junge Frau einen Kinderwagen zur Tür schob. Dabei stieß sie gegen den Haltebügel und aus dem Wagen kam ein ohrenbetäubendes Schreien. Sie fluchte und schüttelte im schnellen Takt den Griff des Kinderwagens, aber erfolglos. Bernd zog eine Augenbraue hoch. Sie sah gerade mal aus wie neunzehn, wenn überhaupt und sie schien ordentlich überfordert zu sein.
„Ich muss hier raus. Jedenfalls danke für Deine Hilfe.“, Bastian klang wie ein gehetztes Tier und genauso drehte er sich um und stürmte aus der Bahn.
Dabei rannte er die junge Frau beinahe um. Mit einem Satz war er aus der Bahn gesprungen und in der Dunkelheit verschwunden. Bernd sah seinen Kumpel an:
„Hast Du ne Ahnung was mit dem los ist?“
Lasse setzte gerade zu einer Antwort an, als die Stimme der jungen Frau ertönte:
„Kannst Du mir mal helfen?!?“
Bernd hatte keine Ahnung mit wem sie sprach, sie starrte nach draußen, aber da schien niemand zu stehen. Seufzend stand auf, sah zu Lasse und zuckte mit den Schultern als wolle er andeuten, dass ihr Samaritertum an diesem Abend wohl kein Ende finden würde. Er ging zu ihr und half ihr den Wagen mit dem schreienden Kind raus zu heben. Dann würde wenigstens wieder Ruhe in die Bahn einkehren. Regen empfing ihn und er fröstelte. Seine Jacke hatte er auf seinem Sitz liegen lassen. Er trug immer noch das T-Shirt vom Feuerspucken.
„Danke.“, es war nicht mehr als ein Hauchen.
Sie lächelte ihn an und zwinkerte. Bernd stockte für einen Augenblick der Atem. Was für coole Augen!
„Kein Problem.“
Im letzten Moment sprang er in die Bahn. Er drehte sich noch mal zur Tür als diese ruckelnd wieder losfuhr. Das Mädchen winkte ihm zu und er hob kurz die Hand während er mit offenem Mund nach draußen starrte. Zum zweiten Mal an diesem Abend hielt ein Blick ihn fest.

1 Kommentar:

  1. Ich muss an mir arbeiten - bin diesen Donnerstag schon wieder so spät dran ;).
    Ich fürchte es sind noch ein paar Holprigkeiten im Text, da mein persönlicher Lektor auch nicht mehr drüber sehen konnte.
    Trotzdem viel Spaß mit Bernd! :)

    Grüße
    Kryps

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