Dienstag, 26. November 2013

Der Tod dauert das ganze Leben


Auf dem Tresen standen zwei Biergläsern. Leer. Zwei Männer erhoben sich von den Hockern, sie nickten der Barkeeperin zu. Kleingeld klimperte und blieb zwischen den Bierdeckeln liegen. Im Gehen stießen die Männer um ein Haar mit einer jungen Frau zusammen. Sie stand am Zugang zu der nun menschenleeren Hotelbar, scheinbar unschlüssig, ob sie eintreten sollte, oder nicht. Adriane lehnte hinter dem Tresen und musterte die Fremde einen Augenblick. Sie war im Alter ihrer Tochter, hatte aber deutlich mehr Gewicht auf den Rippen. Beim Abräumen stieß Adriane gegen ein Glas, konnte es im letzten Moment noch auffangen, ehe es zu Boden stürzte und wischte mit einem Lappen über den Tresen. Flüchtig, Wassertropfen blieben schimmernd zurück. Die junge Frau setzte sich auf einen Barhocker und legte einen Umschlag vor sich. Dorthin, wo Augenblicke zuvor das Kleingeld gelegen hatte. Blass sah sie aus, mit dunklen Ringen unter den Augen, als hätte sie in der letzten Nacht nicht geschlafen.
„Was darf es sein?“ Adriane klang heiser.
Die Angesprochene warf einen Blick auf die Karte. „Was können Sie mir empfehlen?“
„Dir? Vielleicht einen Orangensaft?“ Ein Grinsen machte sich auf dem Make-up bedeckten Gesicht breit und brachte die Lachfalten um die Augen zum Vorschein.