Donnerstag, 31. Dezember 2009

Wer bist Du?


Blinzelnd öffne ich meine Augen. Grelles Neonlicht blendet mich. Wo bin ich? Ich wende den Kopf, richte mich langsam im Bett auf. Der Geruch von Desinfektionsmittel steigt mir in die Nase. Unangenehm. Neben dem Bett ist ein kleines Tischen, Zeitung liegt darauf und ein Stuhl steht davor. Es ist ein großes Fenster im Raum, von dort fällt Licht auf einen Sessel. Er ist leer. Ich bin alleine im Raum. Sein grüner Stoff wirkt abgenutzt. An irgendwas erinnert mich dieser Stoff – nur, an was? Ich komme nicht darauf. Vor dem Sessel ist ein Fernsehapparat. Aus, kein Licht leuchtet an ihm. Vielleicht ist er kaputt? Langsam richte ich mich im Bett auf. Sehe mich um, suche nach etwas Bekannten. Kann nichts finden. Merke wie mein Herz schneller schlägt und ziehe laut hörbar die Luft ein, um mich zu beruhigen. Sehe an mir herunter. Trage meinen alten, abgenutzten Jogginganzug. Die Berührung des Stoffes und der vertraute Geruch beruhigt mich ein wenig. Aber was mache ich hier in diesem fremden, kalten Raum? Höre ein Geräusch. Die Tür öffnet sich. Ich sehe auf.

Ein junger Mann mit wachem Blick und freundlichem Lächeln betritt den Raum. Ich will ihn fragen wo ich hier bin, was los ist, aber er lässt mich nicht zu Wort kommen. Hält ein graues Tier im Arm. Sagt die Robbe bräuchte jemanden, der sie ein wenig aufmuntert und ich hätte doch Zeit. Habe ich Zeit? Ich weiß es nicht, weiß ja immer noch nicht wo ich hier bin und was ich machen soll. Er legt mir das Tier auf den Schoß. Ich betrachte es nachdenklich. Es sieht genauso Orientierungslos aus wie ich. Schaut mich mit großen, dunklen Augen an. Langsam strecke ich meine Hand nach der Schnauze aus – ob es mich beißen wird? Vorsichtig schnuffelt es an meinem Finger. Die Schnauzhaare kitzeln meine Fingerspitzen. Ein Lächeln huscht über mein Gesicht. Mit zittrigen Fingern streiche ich der kleinen, grauen Robbe über den Kopf.

„Und?“, eine Krankenschwester mit nach hinten gebundenen Haaren schaut über die Schulter des jungen Pflegers. Beide stehen sie an der halb geöffneten Tür und beobachten den alten Mann mit der Stoffrobbe auf seinem Schoß.
Der Pfleger wiegt seinen Kopf von Seite zu Seite:
„Es scheint zu funktionieren. Er sitzt schon seit Stunden mit dem Tier auf dem Arm da, streichelt es und erzählt ihm Geschichten aus seinem Leben.“
Die beiden sehen sich kurz ins Gesicht. Ein Lächeln, ein Seufzen dann schließt sich die Tür wieder.

Ich bin müde. Muss ein wenig schlafen, bevor ich weiter suche, was ich hier in diesem fremden Zimmer mache. Als ich mich hinlege kuschelt sich mein neuer, pelziger Freund eng an mich an. Mit der einen Hand im Pelz und einem Lächeln auf dem Gesicht wandere ich langsam in die Welt der Träume. Eine sanfte Schwere nimmt Besitz von meinen Gliedern.
Blinzelnd öffne ich meine Augen. Grelles Neonlicht blendet mich. Wo bin ich? Ich wende den Kopf, richte mich langsam im Bett auf. Der Geruch von Desinfektionsmittel steigt mir in die Nase. Meine Hand stößt gegen etwas Weiches. Neben mir auf dem Bett liegt eine kleine, graue Robbe. Wie sie wohl hier her kommt? Sieht mich mit großen, dunklen Augen an. Wirkt genauso verloren wie ich. Vorsichtig strecke ich eine Hand zu ihrer Schnauze. Die Barthaare kitzeln mich an den Fingern, als sie an meiner Hand riecht. Ein Lächeln huscht über mein Gesicht. Langsam wandere ich mit den Fingern zu dem Kopf des Tieres und streiche ihm über das warme, weiche Fell. Es scheint genauso wenig zu wissen, was es hier in diesem fremden Raum macht, wie ich.

Donnerstag, 24. Dezember 2009

Ich wünsche allen einen wunderschönen Weihnachtsabend & ruhige Festtage!
Erholung, Entspannung & nette Stunden mit Freunden und/oder Familie.

Liebe Grüße

Krypskytter

Donnerstag, 3. Dezember 2009

Bis vielleicht irgendwann...


Mit einem breiten Lächeln und nach hinten gedrückten Schultern hielt die groß gewachsene Frau mit dem leicht welligem, dunklen Haar der Stewardess ihr Flugticket hin. Diese nahm es ihr routiniert aus der Hand, schob es durch eine kleine Maschine, teilte es in zwei Hälften. Die Kleinere gab sie der Frau mit einem Nicken zurück. Unschlüssig stand sie da und drehte das Papier in ihren Händen. Das Lächeln war verschwunden. Ein Mann hinter ihr stieß ein paar unfreundlich klingende Worte in einer fremden Sprache aus. Mit seiner Schulter stieß er sie im Vorbeigehen ein Stück bei Seite. Eine Weile stand sie so, rieb sich ihren Arm und beobachtete die anderen Passagiere. Alle verschwanden sie mit dem kleinen Papier in der Hand in dem Gang hinter dem Kontrollschalter. Seufzend zuckte sie mit den Achseln und schloss sich der Karawane an.

Ein Schlauch führte sie bis zur Tür des Flugzeuges. Mit großen Augen starrte sie das Gebilde an. Immer wieder drängelten sich andere Menschen an ihr vorbei. An der Tür drückte sie einem Steward ihr kleines Papier in die Hand. Der warf einen kurzen Blick darauf, gab es ihr zurück und deutete mit seiner Hand nach rechts. Sie folgte der Anweisung, blieb aber nach einigen Metern wieder stehen und sah sich um.
„Kann ich Ihnen helfen?“, ein adrett gekleideter Mitvierziger sah sie mit einem offenen Lächeln an.
Sie beugte sich zu ihm und flüsterte beinahe:
„Ich weiß nicht wo ich sitze...“
Lachend deutete er auf das Papier in ihren Händen:
„Fliegen Sie zum ersten Mal? Lassen Sie mal sehen...“
Nickend überreichte sie ihm den Zettel. Er führte sie zu ihrem Platz.
„Sie haben Glück, sie sitzen am Fenster. Sie werden sich über die Sicht von oben sicher freuen.“
Mit leichtem Bedauern stellte sie fest, dass der nette Herr sich vier Reihen entfernt ebenfalls ans Fenster setzte. Nach einer Weile quetschte sich ein Pärchen auf die beiden Sitze neben ihr. Dem Aussehen nach waren wohl beide schon in Rente. In ihrem kleinen Rucksack kramte sie nach einer Papiertüte und ihrem Stift.
„Wollen Sie den Rucksack behalten?“, der Rentner sah sie an.
„Wieso?“
„Na, sie können den doch während dem Start nicht einfach auf dem Schoß lassen! Geben Sie mal her!“
Zögernd reichte sie ihm das gute Stück. Er verstaute es in einem Fach über ihren Köpfen.
„Das hier auch?“, sie hielt ihre Papiertüte und den Stift hin.
„Nein, nein, schaun Sie mal: Das können Sie hier vorne in die Lasche im Sitz stecken.“, die ältere Dame hatte sich neben Sie gesetzt und lächelte ihr zu, „Sie fliegen nicht oft?“
„Nein, leider nicht.“
„Wenn Sie nach dem Start noch was aus Ihrem Rucksack brauchen, dann sagen Sie Bescheid, gell?“, der Mann lies sich ächzend in seinen Sitz fallen.
„Ja, danke.“
Mit zitternden Händen griff sie in die Papiertüte und zog eine Postkarte hinaus. Sie drehte und wendete die Karte. Es waren mehrere Bilder des Flughafens und von verschiedenen Flugzeugen darauf abgebildet.
„Ist unser Flugzeug mit auf der Karte?“, sie hielt sie der Dame hin.
Deren Begleiter beugte sich beinahe sofort ebenfalls über die Ansichtskarte.
„Nein, aber das da ist sozusagen der große Bruder von unserer Maschine.“, mit seinem dicken Finger deutete er auf eines der Bilder, im Nagel hing Dreck.
„Für wen ist die Karte denn?“, die Dame reichte sie ihr zurück.
„Für meine Kinder und natürlich auch für meinen Mann.“
„Ach, wie alt sind sie denn?“
„Neun und zwölf.“
„Und sie können nicht mit fliegen?“
„Es sind doch keine Ferien. Außerdem bin ich auf so was wie einer Geschäftsreise...“, die Frau mit dem welligem Haar lächelte ein rätselhaftes Lächeln.
„Ah, verstehe, wie schade.“, murmelte die Dame und wandte sich wieder ihrer Zeitschrift zu.
Die Frau klappte das Tischchen vor sich aus, drehte die Karte um und schaute auf dem Stift kauend aus dem Fenster. Sie beobachtete, wie ein paar Männer die Koffer in die Maschine luden. Weiter entfernt setzte sich ein anderes Flugzeug langsam in Bewegung. Es wirkte schwerfällig. Die konnte sich kaum vorstellen, dass sich dieses große Ding in die Luft erheben konnte. Schließlich setzte sie ihren Stift an und begann zu schreiben:

Hallo, ihr Lieben!
Ich hoffe Euch geht es gut! Tut mir leid, dass ich so Hals über Kopf aufgebrochen bin.
Aber als ich heute Nacht in den Badspiegel gesehen habe, hat ein Fremde zurückgestarrt.
Ich weiß noch nicht, wann ich wieder komme, aber ich werde Euch von jedem Ort, den ich besuche, eine Karte schreiben, versprochen!
Tausend Küsse
Marion

P.S.: ...


„Sie müssen den Tisch für den Start wieder hoch klappen und sich anschnallen.“, die Dame nickte ihr zu.
„Achso, ja ja, kein Problem. Ich bin sowieso fertig mit schreiben.“
Sie verstaute die Postkarte und den Stift in der Lasche des Vordersitzes. Während die Maschine sich langsam in Bewegung setzte, lehnte die Frau sich in ihrem Sitz zurück und schloss ihre Augen. Ein Lächeln umspielte ihre Mundwinkel.