Montag, 6. April 2009

Im Auto I


Franziskus fuhr sich durch das kurze Haar. Seine Hand zitterte leicht. Mit den Händen drückte er sich vom Lenkrad tief in den Sitz hinein. Kurz schloss er seine sumpfiggrauen Augen, holte tief Luft. Als seine rechte Hand den Schlüssel im Schloss umdrehte öffnete er sie wieder.
„Geht es Dir gut?“, Birgits Hand berührte ihn leicht am Arm.

Kaum merklich zuckte er zusammen. Es war die erste Berührung an diesem Abend. Um den Augenblick ein wenig länger genießen zu können wandte er nur ganz langsam den Kopf. Er versuchte ein schiefes Lächeln. Mit Bedauern nahm er wahr, wie sie ihre Hand wieder fort zog. Einige Augenblicke später war auch die Wärme, die ihre Finger hinterlassen hatten, wieder verschwunden, als hätte sie ihn nie berührt. Er seufzte.
„Wie man es nimmt. Ich habe gerade mein Auto zu Schrott gefahren, aber der Motor läuft noch. Jetzt überlege ich wie ich mein Versprechen einhalten kann und euch nach Hause fahren kann und trotzdem noch rechtzeitig zur Werkstatt komme, bevor die schließt. Wobei...“, er sinnierte einen Moment, „Vielleicht sollte ich es einfach irgendwo abstellen und uns ein Neues kaufen!“
Sie starrte ihn an, schien kaum greifen zu können, was er eben gesagt hatte. Er zuckte mit den Schultern und zog seine Augenbrauen in die Höhe. Sie zog ihre Brauen zusammen, ihre grauen Augen flackerten. Plötzlich war da diese Stille um sie herum. Der Moment in dem es in beide Richtungen kippen konnte. Er verlor sich in ihrem flackernden Blick, seine Lippen begannen leicht zu zittern.
„Mama?“, die Stimme klang dünn, fast jammernd.
Sie tauchten beide wieder zurück an die Oberfläche. Er zwinkerte mit den Augen. Dann entlud sich die angestaute Spannung, plötzlich und unerwartet. Später konnte er nicht mehr sagen wer zuerst gelacht hatte. War auch egal. Sie lachten beide, konnten sich nicht mehr halten.
„Mama?“, die Stimme klang nun etwas lauter – vielleicht verärgert?
„Was ist mein Schatz?“, Birgit versuchte das Lachen zu unterdrücken, aber es gelang ihr nicht.
„Wann gehen wir endlich nach Hause?“
„Gleich, mein Schatz.“, sie strich ihrer Tochter beruhigend über das Bein.
„Wie geht es Dir eigentlich, Melinda?“, er zog seine Augenbrauen nach oben und wandte sich zu seiner Nichte um.
Diese zuckte mit ihren Schultern und gähnte ausgiebig. Sie schien sich mittlerweile mit den beiden anderen Frauen arrangiert zu haben. Franziskus lächelte. Braves Mädchen, weiß was ihrem Onkel gut tut.
„Fahr in die Werkstatt. Ich kann euch auf meine Karte in der Straßenbahn mit nehmen.“, Birgit sah ihn auffordernd an.
„Wie Du meinst. Hältst Du das noch aus, Larissa?“
Die Angesprochene lächelte und nickte. Als er los fuhr beobachtete er im Rückspiegel wie sich die beiden Mädchen an den Händen fassten. Bei diesem Anblick wurde ihm warm ums Herz.
An der nächsten Ampel sah er ein junges Mädchen mit Kinderwagen stehen. Er fuhr langsamer, obwohl die Ampel gerade auf grün umsprang.
„Sag mal, das ist doch das Mädchen von der Straßenbahnhaltestelle?!?“, er fasste Birgit kurz am Arm, um sie aufmerksam zu machen.
Der Eindruck, dass sie bei seiner Berührung die Luft anhielt verwirrte ihn.
„Keine Ahnung, ich hab nicht so auf sie geachtet. Ich war damit beschäftigt ob es unseren zwei Hübschen gut geht!“
Er erinnerte sich an das Gesicht seines Unfallgegners als er den Zettel von dem jungen Biest auf faltete und musste grinsen.
In zittriger Schrift stand darauf: Maria Blindfuchs – Keine Ahnung Allee 35 – 68532 Nichtsgesehen. Ohne Telefonnummer, natürlich.
Ganz schön verarscht hatte sie ihn! Und jetzt stand sie da im Regen – von wegen das Baby musste schnell nach Hause. Und sie war nicht mehr alleine. Er sah wie sie den Kopf wandte, aufmerksam geworden durch das langsam rollende Auto. Hatte sie ihn erkannt? Dem verdellten Auto nach zu urteilen wohl schon. Sie sagte etwas zu ihrem Begleiter. Ein junger blonder Typ, der ein wenig verwühlt aussah. Dann drehte sie den Kinderwagen und beide gingen mit schnellen Schritten in die nächste Seitenstraße. Franziskus hatte den Eindruck, dass der Blonde kurz seinen Blick suchte, bevor er dem Mädchen nachlief. Seltsam. Einen Moment erwägte er den beiden hinterher zu fahren. Dann überlegte er es sich anders und gab wieder Gas.
„Und Mädels, heute haben wir unser Auto zu Schrott gefahren – was wollen wir morgen unternehmen?“
Die beiden Mädchen kicherten. Birgit sagte nichts. Aber im Augenwinkel sah er wie sie lächelte. Er fühlte eine Leichtigkeit um sein Herz und lachte still in sich hinein.

1 Kommentar:

  1. Ein bischen spät heute, update langt nicht mehr, um den montäglichen Start in die Woche zu verlangsamen... ;)

    Grüße

    Kryps

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