Dienstag, 9. Juni 2020

Dunkler


Ich wollte schon lange wieder etwas posten, einen Postkartenkrimi. Der ist längst geschrieben, aber dann ist in den letzten Wochen so viel passiert in der Welt, dass mir der Krimi nichtig und nichtssagend vorkam. Gerade in den letzten beiden Wochen haben sich die Ereignisse überschlagen und ich habe immer mehr das Gefühl, dass die Welt verrückt geworden ist. Oder ich.
Ich konnte das nicht ignorieren und einfach irgendetwas Alltägliches posten. Und dann habe ich hier auch noch eine lange Liste von Ereignissen der letzten Zeit, die mich in irgendeiner Weise bewegt haben, von denen ich aber noch nicht weiß, ob und was ich dazu sagen will. Man hat nicht zu allem, was einen bewegt, wirklich etwas zu sagen.

Der Mord an George Floyd und die Ereignisse und Reaktionen, die folgten, haben mich sprachlos gemacht. Auch wenn weder meine FB-Seite noch mein Instagramprofil schwarz wurden. Einfach nur ein schwarzes Bild zu posten war für mich nicht stimmig. Es hätte nichts von dem ausgedrückt, was in meinem Kopf war.
Gestern habe ich den Mut gefunden den Versuch zu starten ein wenig von dem, was mir durch den Kopf geht, in Worte zu fassen. Herausgekommen ist ein neues Poetrystück. Vielleicht versuche ich demnächst auch ein paar der anderen Ereignisse mit Worten einzufangen, mal sehen.
Auf alle Fälle hoffe ich, dass nicht wieder alles im Sand verläuft, wie schon so oft, dass sich etwas verändert in unseren Köpfen, in uns und in dem, wie wir mit uns, unseren Mitmenschen und der Welt umgehen. Es gibt so viel zu tun, wann fangen wir an?




Dunkler

Sprachlos, gib der Vernunft den Todesstoß.
In Minneapolis drückt ein Polizist einem Tatverdächtigen die Luft ab.
Willkürlich?
Die Farm der Tiere, erinnerst du dich?
Wir alle sind gleich,
nur Schweine sind gleicher.
Ein blöder Vergleich?
Einen Tag später brennen in der Stadt die Läden,
aber der Tod ist unumkehrbar,
viel zu fest sitzen die seelentiefen Schäden.
Und wir?
Wir sind unbelehrbar.
Der Polizist hat den anderen Mann getötet.
Du fragst warum?
Der eine war weiß, der andere schwarz.
Du glaubst, das war Zufall? Stell dich nicht dumm!
Du führst den Beweis: Wir alle sind gleich!
Ja mein Freund, aber Schweine sind gleicher.
Hast du Angst vorm schwarzen Mann?
Sitzt du allein in deinem Zimmer, bangst?
Und wenn er kommt?
Rennst du, oder jagst du ihn davon?
Ein paar Tage später gibt es Feuer im ganzen Land
und Menschen gehen auf die Straße,
Hand in Hand.
Außer Kontrolle,
sind Ohnmacht und Hass.
Verständnis spielt nur eine Nebenrolle.
Ich denke an Cohen, beim Blick auf die Feuer.
Es wird alles bedrohen, You want it darker?
Ist mir nicht geheuer.

A million candels burning
for the love, that never came.
You want it darker?
We kill the flame.


Wie lange noch hält sich der Blick auf die Unterschiede in den Köpfen?
Siehst du es nicht? Zusammen könnten wir aus dem Vollen schöpfen.


Hier der Link zu You want it darker von Leonard Cohen, auf das ich mich im Text beziehe. Viel Spaß beim Anhören!
Was geht euch im Kopf herum bei all dem, was im Moment los ist in der Welt?

Viele Grüße,

Kryps

2 Kommentare:

  1. Günter K. Wagner11/6/20 19:46

    Danke liebe Heidrun. Deine Überzeugungen zur Gleichwertigkeit aller Menschen, ohne Rücksicht auf Herkunft und Hautfarbe, gefällt mir sehr.

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    1. Sollte ja eigentlich selbstverständlich sein. Man kann vielleicht verurteilen, was ein Mensch macht/gemacht hat, aber doch nicht wie ein Mensch aussieht.

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