Sonntag, 28. Mai 2017

Hängen bleiben


Es wird mal wieder Zeit für eine Hintergrundszene, diesmal zu "In deinem Herz". Die Szene spielt ein paar Monate nach den Ereignissen von Band 3, da es von einigen Lesern Fragen dazu gab, wie es wohl mit Zoe weitergeht. Wobei diese eine Szene wohl nicht alle Fragen beantworten wird.
Dafür gibt es in der Gastrolle ein Wiedersehen mit dem heimlichen Star aus "In deinem Herz" - Hardy! ;)



Have fun!

Zoe saß auf dem Sofa, den Blick auf das Terrarium neben der Terrassentür gerichtet. Zwischen den grünen Blättern schimmerte ein blauer Streifen. Das schönste Blau, das sie je gesehen hatte, für das sie keinen Vergleich fand, weil es einfach nicht von dieser Welt sein konnte.
Für einen winzigen Moment spürte sie eine Wärme, genau in ihrem Rücken und einen Lufthauch in ihrem Nacken, beinahe wie ein Atemzug, der mit ihrem im Gleichklang war. Sie strich sich über die Stirn. Um das Gefühl zu vertreiben, drückte sie ihren Rücken gegen die Sofalehne und zog die Knie an die Brust.
„Glaubst du, das war eine gute Idee?“ Luna saß rechts von ihr im Sessel, einen giftgrünen Kaffeebecher in der Hand.
Statt zu Zoe, sah sie zum Terrarium. Wie immer hatten die roten Strähnen ihres Ponys sich aus der Spange gelöst, und hingen ihr ins Gesicht. Mit einer schnellen Bewegung strich sie sie nach hinten, wo sie sich mit den langen, schwarzgefärbten Haaren vermischten.
Zoe schaute wieder auf den blauen Streifen zwischen den Blättern und zog die Schultern hoch. „Keine Ahnung.“
„Vermisst du ihn?“ Jetzt drehte Luna ihr das Gesicht zu.
Vermissen. Kurz schloss Zoe die Augen, atmete einmal tief ein und spürten dem Flattern in ihrem Herzen nach. Es erinnerte sie an den Flügelschlag eines Schmetterlings.
„Kann man jemanden vermissen, den es nicht gibt?“, fragte sie, obwohl sie die Antwort schon kannte.
Durch den dicken, schwarzen Lidstrich wirkten Lunas Augen größer als sonst. Zoe konnte es nicht, das wusste sie. Aber wissen bedeutete nicht fühlen, und so vermisste sie doch, weil ihr Herz es nicht begreifen konnte, weil ein Teil von ihr sich noch immer weigerte der Wahrheit ins Gesicht zu sehen. Luna schaute auf den Kaffeebecher in ihrer Hand, ohne zu antworten.
„Und du? Vermisst du sie?“, fragte Zoe in die Stille.
„Jeden verdammten Tag!“ Luna lachte auf. Es klang ein bisschen traurig, beinahe bitter. „Keine Ahnung wie sie auf die bescheuerte Idee gekommen ist, ausgerechnet auf die andere Seite der Welt zu gehen, für ihr dummes Auslandssemester.“
„Wirst du sie besuchen?“
„Klar, Ende Juli, wenn das Semester rum ist. Aber das dauert ja noch Monate. Wenn alles nach Plan läuft, tingeln wir den ganzen August durch Australien. Was ist?“ Luna beugte sich zu ihr und legte die Hand auf die Armlehne des Sofas.
„Nichts“, murmelte Zoe.
Sie zwang sich zu lächeln. August … im August würde es genau ein Jahr her sein. Sie wollte nicht alleine sein, nicht im August. Vielleicht sollte sie auch wegfahren, bevor die Vergangenheit sie einholte? Wie weit müsste sie weg? Ob die andere Seite der Welt als Distanz ausreichen würde? Ihr Blick fiel auf das Buch mit der schwarzen Spiralbindung. Es lag neben dem Sofa auf dem Boden. Zugeklappt. Nein, selbst die andere Seite der Welt wäre noch viel zu nah.
Lautlos stand sie auf, lief an Luna vorbei zum Terrarium und legte ihre Hand auf das Glas.
„Ich vermisse dich“, flüsterte sie und verlor sich in dem tiefen Blau zwischen den Blättern, das ganz sicher von einem anderen Stern kam.

Ich wünsche euch noch einen schönen Restsonntag mit Sonne, Schatten und Wasser - bei uns hat es gerade um die 33 Grad. Eine echte Herausforderung nach den kühlen & feuchten Tagen. Aber ich will mich ja nicht beschweren ... ;)

Grüße,

Kryps

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