Sonntag, 20. November 2016

Miss Elisabeth


Okay, in der aktuellen Leserunde zu Band 2 Brennt die Schuld gab es eine Diskussion über vorschnelle Urteile, Tränen der Rührung und was Elias & Niklas vertrauenswürdig macht.
Damit die beiden bei bestimmten Lesern (die ich jetzt hier nicht näher nennen werden - gell, Archer! :P) überhaupt eine Chance haben, müssen sie mindestens mal ein Hundebaby streicheln.
Gut, hab ich mir gedacht, nichts leichter als das!
Deshalb gibt es heute mal eine völlig ungeplante Szene, wie sie etwa ein Jahr vor Beginn der Geschichte von Wenn du vergisst ganz sicher so (oder so ähnlich) passiert ist.
Have fun! :)


„Schau mal, hier!“ Mit einem Karton unterm Arm kam sie in den Pausenraum, schloss die Tür und stellte ihn direkt neben Niklas` Kaffeetasse.
„Was ist das?“, fragte er und beäugte den Karton, der jetzt ganz von selbst ein Stück auf ihn zurutschte.
„Warte!“ Sie hätte platzen können vor Glück.
Außerdem gefiel ihr Niklas` Gesichtsausdruck – eine Augenbraue hochgezogen und ein Lächeln, nur im linken Mundwinkel, als wäre er sich noch nicht sicher, ob das, was in dem Karton war, wirklich zum Lächeln war. Vorsichtig öffnete sie den Deckel. Sofort schob sich der verknautschte, fellfluffiger Kopf nach draußen. Um das rechte Auge war ein großer, brauner Fleck, von der Nase ging bis hoch zur Stirn eine dicke, weiße Linie, eines der dunklen Schlappohren war nach außen umgeklappt und die zwei kugelrunde Augen schauten Niklas an.
„Karla, du hast nen Knall!“, murmelte Niklas, aber er lachte. „Und wer bist du, Kleiner?“ Er hielt dem Hundewelpen die Hand hin.
„Sie! Es ist eine kleine Bernhardinerdame – Miss Elisabeth, die Erste!“ Karla beobachtete wie Miss Eliasbeth die Pfoten auf Niklas` Handgelenk legte und seine Finger abschleckte.
„Aha, eine kleine Aristokratin also!“ Er schaute zu Karla und schüttelte grinsend den Kopf. „Du hast ehrlich nen Knall!“
„Ich musste sie herbringen, ich …“
Weiter kam sie nicht, denn hinter ihnen ging die Tür auf. Schnell schoben sie sich beide vor den Karton. Im Augenwinkel sah sie, wie Niklas Miss Elisabeth am Ohr kraulte, während die an seinem Arm knabberte. In der offenen Tür stand Elias, er schaute von ihr zu Niklas und zurück. Zum Glück war es nur Elias.
„Ist was?“, fragte er.
„Komm rein und mach die Tür zu!“, flüsterte Niklas.
„Was ist los mit euch?“
Karla schob sich an Elias vorbei und schloss die Tür.
Sein Blick blieb an dem Karton hängen. „Seid ihr verrückt geworden? Einen Hund hier auf Station zu schleppen?“
Sie verdrehte die Augen. Das durfte doch jetzt bitte nicht wahr sein. „Pssst!“, hauchte sie, legte Elias die Hand auf die Schulter und gleichzeitig den Zeigefinger auf ihre Lippen. „Bitte, ich wollte sie nur kurz Niklas vorstellen. Mein Freund kommt gleich und holt sie wieder ab.“
Elias starrte erst sie an, schaute dann zu Niklas, der immer noch Miss Elisabeth an seinem Arm hängen hatte, und sein ganzer Körper versteifte sich. „Aber …“
„Jetzt komm schon!“ Niklas kraulte Miss Elisabeth am Hals. „Karla macht alles wieder sauber, und der Hund sitzt hier im Karton – da steckt sich schon keiner mit irgendwas an.“ Er winkte Elias zu sich. „Los, sag mal hallo zu der Kleinen!“
„Sie ist auch entwurmt und geimpft, ehrlich, es ist alles im grünen Bereich!“, fiel Karla ein.
Wenn Elias nicht dicht hielt, würde sie eine Abmahnung bekommen. Mindestens. Als wüsste Miss Elisabeth was auf dem Spiel stand, hopste sie aus dem Karton, lief zu Elias und hockte sich schwanzwedelnd vor ihn hin.
„Mann, du bist ja echt süß! Aber du musst hier verschwinden!“ Elias seufzte, zögerte einen Augenblick und beugte sich dann doch zu Miss Elisabeth um sie hochzuheben und zurück in den Karton zu setzen.
Karla tauschte mit Niklas einen Blick, und Niklas zwinkerte ihr zu. Derweil setzte Miss Elisabeth ihren ganzen Charme ein und schleckte auch Elias die Hand ab. Er lachte und endlich konnte Karla sehen wie die Anspannung von ihm abfiel. Wenn er nicht immer so verdammt korrekt wäre, könnte er ein richtig süßer Kerl sein. Abwechselnd streichelten die Jungs Miss Elisabeth. Karla musste grinsen. Was so ein kleiner Hund doch aus zwei hartgesottenen Kerlen machen konnte. Unglaublich.
Die Tür ging wieder auf. In Sekundenschnelle blockten sie zu dritt mit ihren Körpern die Sicht auf den Karton ab. Karla sah im Augenwinkel wie Niklas den Hund am Hals hielt und sanft nach unten drückte.
„Was ist hier los? Kollektive Pause?“ Die Stimme war nicht laut, trotzdem konnte Karla deutlich den Vorwurf hören.
Ihr blieb fast das Herz stehen. Die Fuchs, ausgerechnet die Fuchs! Was machte die denn um die Uhrzeit hier? Hatte es einen Notfall gegeben? Sie war geliefert – Elias und Niklas auch.
Ehe die Fuchs eine Chance hatte sich umzusehen und die Situation zu erfassen, trat Elias auf sie zu. „Professor Doktor Fuchs! Gut, dass Sie hier sind – ich habe eine Frage wegen der Medikation für einen Patienten …“
Die Fuchs zog die Augenbrauen hoch und musterte Elias. „Ich höre?“
„Können wir kurz zu der Akte gehen? Dann kann ich es besser erklären …“ Elias zog die Tür ganz auf und wartete, bis die Fuchs ihm folgte.
In genau diesem Moment zappelte Miss Elisabeth, Karla sah wie Niklas sie fester hielt. Ein Fehler. Der Hund quietschte vor Empörung. Das Quietschen fuhr durch ihren Körper, alle drei zuckten sie zusammen, jetzt waren sie geliefert. Ganz sicher. Die Fuchs blieb auf der Stelle stehen, drehte sich um und scannte mit ihrem Blick ihre Gesichter, denen sie spätestens jetzt ganz sicher alles ansah. Mit einem Mal war es vollkommen still im Raum, Karla konnte den Patienten aus Zimmer 210 am anderen Ende des Gangs so deutlich über den Flur schlurfen hören, als liefe er direkt vor ihnen.
„Was war das?“, schnitt die Stimme der Fuchs durch die Stille.
„Ich …“, begann Karla, aber Niklas unterbrach sie.
„Mein Handy. Entschuldigung, ich hab wohl eine Nachricht bekommen …“ Er zog sein Handy aus der Hosentasche.
„Sie wissen, dass Mobiltelefone auf der Station verboten sind, Herr Redecker?“
„Ja, tut mir leid, war wegen der Kaffeepause, kommt nicht mehr vor … ganz sicher …“ Niklas Wangen waren knallrot.
„Gut, wir sprechen später darüber“, sagte die Fuchs und ging endlich mit Elias aus dem Raum.
Niklas und Karla standen schweigend da. Sie suchte nach Worten, nicht nach irgendwelchen, sondern nach den richtigen – sie hatte sie alle in Schwierigkeiten gebracht, wegen ihrer blöden Idee Miss Elisabeth mal eben kurz hierher zu bringen.
„Danke …“, murmelte sie schließlich.
„Ist okay.“ Niklas zuckte mit den Schultern und steckte das Handy zurück in die Tasche.
„Du bekommst jetzt Ärger wegen mir …“
„Quatsch!“ Er lachte. „Ich bin doch selbst schuld. Ist ja nicht so, als ob ich nicht wüsste, dass Handys hier nicht erlaubt sind.“
„Es ist ausgeschaltet, oder?“
„Klar. Aber das macht für die Fuchs im Zweifelsfall keinen Unterschied.“
„Oh Mann! Und jetzt?“
Es tat ihr so leid. Sie musste es wieder gut machen, zurechtbiegen. Irgendwie.
„Ich glaube, Elias hat`s schlimmer erwischt“, murmelte Niklas.
„Was? Wieso?“
„Wenn er der Fuchs ihre Medikation hinterfragt?“
Einen Moment lang sahen sie sich in die Augen, Niklas Mundwinkel zuckten, Karla schüttelte den Kopf, aber dann mussten sie doch losprusten, und mit dem Lachen verschwand die Anspannung aus ihren Gesichtern.
„Ich revanchier mich bei euch – versprochen! Ihr seid echt die Besten!“
„Hopp jetzt! Du hast noch ungefähr zwei Minuten Miss Eliasbeth verschwinden zu lassen, bevor die Fuchs wieder auftaucht!“ Niklas ging aus dem Raum und zog die Tür hinter sich zu, aber Karla hatte das Lächeln auf seinen Lippen gesehen.

(Karla - Schwesternschülerin in Wenn du vergisst und In deinem Herz)

Ich hoffe, die kleine Spaß-Szene hat euch gut unterhalten. ;)
Was macht für euch Menschen vertrauenswürdig?

Viele Grüße & einen schönen Sonntag!

Kryps

2 Kommentare:

  1. Klasse Szene, gut geschrieben. Für Tränen hat's allerdings nicht gelangt und ein Hundebaby ist für mich jedenfalls keine qualifizierte Quelle für die Vertrauenswürdigkeit eines Menschen. Nicht mal ein erwachsener Hund. (Siehe Blondie, deutscher Schäferhund eines österreichischen Megalomanen.)

    Und danke für "meine" Szene. ;)

    AntwortenLöschen
  2. Hallo Archer,

    ach, schade - dabei haben die Beiden sich sooo ins Zeug gelegt! *seufz* Na gut, dann müssen wir eben doch Band 3 abwarten und hoffen, dass der - zusammen mit Miss Elisabeth - das mit den Tränen noch hinbekommt. Ich werde hier jedenfalls schon mal Taschentücher auf Vorrat kaufen! :D

    Gern geschehen, jederzeit wieder ;).

    AntwortenLöschen