Montag, 27. Mai 2013

Glaub nicht alles was ich sage – ein Versuch


Sie machen Dich los und Du läufst die Nase am Boden, willst wissen ob noch alles in Ordnung ist. Der Braune war hier seine Mischung aus Trockenfutter und frisch aufgeschnittenem Schweineknochen steigt Dir in die Nase. Hast Du ihm nicht gesagt er soll verschwinden aus Deinem Revier? Knurrend setzt Du Deinen Geruch über seinen, gibst ihm so ein Zeichen, eine letzte Warnung. Du hältst inne. Ein frischer Duft steigt Dir in die Nase. Es fühlt sich an wie die erste Sommerbrise nach dem Winter mit einer Note Macadamianuss im Abgang. Dein Herz rast. Du kannst nicht anders, Du musst die Spur atmen und ihr folgen. Sie rufen Dich, sicher wollen sie dass Du zurück kommst, aber Du hörst ihnen nicht zu. Du konzentrierst Dich nur auf den Duft, beschleunigst Deinen Schritt damit sie Dich nicht aufhalten können. Neben Dir kommt ein Auto mit quietschenden Bremsen zum Stehen. Der Fahrer brüllt Dich an, aber Du ignorierst ihn. Du atmest den Duft ein und folgst ihrer Spur. Es ist das einzige was zählt. Du verlierst das Gefühl für die Zeit und lässt Dich von ihrer Spur in einen Teil der Stadt führen, in dem Du noch nie gewesen bist. Die salzig-raue Macadamianote hängt Dir schwer in der Nase, es macht Dich verrückt. Endlich stehst Du vor ihrer Tür. Ihr Ruf dringt nach draußen. Außer Dir vor Erregung wirfst Du den Kopf in den Nacken und kratzt am Holz. Du kannst ihre Gegenwart spüren, fühlen wie sie sich gegen die Tür lehnt und nach Dir wimmert. Ihr Geruch beißt sich in Deiner Nase fest, Dein Verlangen nach ihr kennt keine Grenze. Berauscht von ihrem Duft, der Dir süße Versprechen zuflüstert, bettelst Du dass sie Dir öffnet. Wasser schwappt über Dich und Dein Herz bleibt stehen. Schreiend springst Du ein Stück zurück. Was hat sie Dir angetan? Du schüttelst Dich und starrst auf die Tür, bist enttäuscht. Aber dann hörst Du ihr Wimmern, ihr Kratzen am Holz. Du drückst Dich gegen die Tür, atmest ihren Geruch, schwörst ihr, dass Du nur bei ihr sein willst, bettelst dass sie Dir endlich aufmacht. Wieder berauscht Du Dich an ihrem Geruch. Jemand zerrt sie fort und brüllt Dich an, dass Du abhauen sollst. Du hörst nicht, Du schimpfst zurück, dass er sie loslassen soll. Du wirst bleiben, solange bis sie Dir öffnet. Ihr Geruch, ihr stilles Versprechen schwebt in der Luft, tanzt wie eine Feder im Wind, neckt Dich und fordert Dich auf auszuharren.
Sie kommen, packen Dich am Nacken und schütteln Dich. Dann drücken sie Dein Gesicht auf den Boden. Ihre Stimmen sind wie Messerstiche in Deinen Ohren. Warum sind sie immer so laut? Du kannst sie sehr gut hören, sie müssen Dich nicht anbrüllen. Du könntest nach ihnen schnappen. Vielleicht würden sie dann merken, dass man Dich so nicht behandelt? Stattdessen tust Du nichts, sondern lässt sie machen und wartest, dass das Gewitter vorüberzieht. Sie binden Dich an und versuchen Dich hinter sich herzuzerren. Du wirfst Dich auf den Boden und bettelst dass sie Dich hier lassen bei ihr. Wimmerst und erzählst ihnen von ihr und eurer Bestimmung, aber sie hören nicht zu. Schließlich heben sie Dich hoch und tragen Dich zum Auto. Du willst nicht mit trotzdem hängst Du nur wie ein Sack auf ihren Armen. Rauch und Schweiß überdecken den salzig-rauen Geruch. Du drehst den Kopf, um den Rauch aus Deiner Nase zu bekommen, aber es gelingt Dir nicht.

Es ist Wochenende und ihr fahrt hinaus, auf die Felder. Sie öffnen die Tür Du springst aus dem Auto, lachst und rufst ihnen zu was für ein schöner Tag heute ist. Sie verstehen Dich nicht, ermahnen Dich lieber ruhig zu sein, dennoch lassen sie Dich laufen. Es ist das einzige, was zählt. Du rennst ein Stück weg und der Geruch des frisch gemähten Korns steigt Dir in die Nase. Tief saugst Du ihn ein ehe Du eine feinere Note bemerkst, die sich dazwischen versteckt hält. Sie führt Dich zu einem Klumpen über dem Fliegen ihre Kreise ziehen. Ein erdig-saurer Geruch kitzelt Dich in der Nase und Dir wird klar, dass das genau das Parfum ist wonach Du gesucht hast. Ohne zu denken lässt Du Dich fallen und reibst Deinen Hals gegen den Klumpen. Kreischend rennen sie auf Dich zu. Sie wollen Dich packen, aber diesmal bist Du schneller. Mit einem Satz bringst Du Dich außer Reichweite. Sie schimpfen, denn sie mögen es nicht wenn Du Dich einparfümierst. Sie verstehen es nicht. Du lässt den Kopf hängen und versuchst sie schuldbewusst anzusehen. Vielleicht wird sie das versöhnlich stimmen? Wieder kommen sie auf Dich zu und Du bist hin und hergerissen, ob Du Dich einfangen lassen sollst oder lieber nicht. Da lenkt Dich ein neuer Geruch ab. Ein Duft, würzig wie ein blutiges Steak vom Metzger. Dir läuft das Wasser im Mund zusammen. Du drehst Deine Nase und drei Sprünge später bist Du zwischen den Bäumen verschwunden.
Die Fährte ist frisch, Du weißt dass Deine Beute nicht weit sein kann. Vor Aufregung rufst Du, als wolltest Du Dich selbst zur Eile antreiben. Hinter Dir hörst Du ihre Schreie, sie verlangen dass Du zurückkommst - aber was ist ihr Schrei schon gegen die Fährte vor Dir? Du riechst das klopfende Herz, das in schnellen Sätzen von Dir wegspringt und nimmst jauchzend die Verfolgung auf. Weiter vorne schlägt Deine Beute Haken, um Dich im Unterholz abzuhängen. Aber das wird ihr nichts helfen, ihr würziger Geruch wird Dich zu ihr führen, selbst wenn Du sie nicht mehr siehst.
Es knallt und neben Dir wirbeln Blätter vom Boden auf. Ruckartig bleibst Du stehen. Mit klopfendem Herzen siehst Du Dich um, kannst aber nicht herausfinden wer den Krach verursacht hat, oder warum. Wieder ein Knall, diesmal ist Dir als zische etwas an Deinem Ohr vorbei. Du schreist auf, drehst Dich um und rennst zurück zu den Feldern. Vergessen sind der würzige Geruch und das verheißungsvolle Klopfen des Herzens. Dir ist, als wäre Dir jetzt jemand auf den Fersen. Zwischen den Bäumen brichst Du hinaus und rast zu ihnen zurück.
Schimpfend warten sie am Auto auf Dich. Nur Dein Parfum bewahrt Dich davor, dass sie Dich wieder am Nacken packen. Du musst in den Kofferraum und Du, Du ziehst Deinen Kopf ein und tust wonach sie verlangen. Während der Fahrt rollst Du Dich zusammen und der erdig-saure Geruch trägt Dich hinüber in das Reich der Träume.

Zu Hause bringen sie Dich ins Badezimmer. Du schreist und wimmerst, versuchst zu fliehen, aber sie sperren die Tür zu und lassen Wasser ein. Du bettelst, leckst sogar ihre Hände, aber sie schieben Dich weg. Du kannst es nicht fassen. Warum wollen sie jedes Mal Dein Parfum wieder abwaschen? Du zappelst, sie schreien Dich an. Ihre Worte schneiden Dir ins Gehör. Du könntest sie beißen, vielleicht wären sie dann still. Du tust nichts. Sie sind Deine Herren, es liegt nicht in Deiner Natur Dich gegen sie aufzulehnen. Wimmernd lässt Du Dir ihr Shampoo auftragen, das Dir mit tausend spitzen Nadeln in die Nase sticht.
Später liegst Du auf Deiner Decke und hörst sie über Dich sprechen. Dass es so nicht weitergehen könne und dass man etwas unternehmen müsse. Die Art wie sie ihre Worte betonen drückt Dir den Magen zusammen und Du schüttelst Dich, um das Gefühl loszuwerden. Seufzend schließt Du die Augen, kannst aber keinen Schlaf finden. Mit jedem Atemzug zerstechen die kleinen Nadeln Deine Nase bis sie taub wird und blutet. Du wünscht Dir Regen, der Dir das Shampoo wieder abwäscht. Draußen scheint die Sonne. Du verstehst weder warum sie Dich so quälen, noch warum Du Dich gegen sie nicht wehren kannst. Alles haben sie Dir genommen: Die Verheißung am Morgen und Dein Parfum am Nachmittag. Sie waren es, die Dir die qualvollen Nadeln auf Deine Haut aufgetragen haben. Dennoch zeigst Du ihnen nicht Deine Zähne und versuchst nicht einmal Dich zu wehren. Sie sind Deine Herren. Dir bleibt nichts, was Du tun kannst.

1 Kommentar: