Montag, 26. Januar 2009

Draußen, Fußgängerzone I


Babett stützte sich auf Rainer. Ihr Atem ging schwer, die Augen sahen müde aus, aber ihr Gesicht leuchtete immer noch. Mit ihrer freien Hand hielt sie den neuen Schal fest umklammert, der ihren Hals schön warm hielt. Rainer schielte aus dem Augenwinkel zu ihr.
„Sollen wir uns kurz auf die Bank dort vorne setzen?“ Er deutete auf den kleinen Platz schräg gegenüber von dem Esprit Laden.

Sie überlegte einen Moment und nickte dann. Vor dem Stand mit den Crepes hatte sich eine lange Schlange gebildet und alle Bänke waren, trotz der Kälte, ganz oder zumindest teilweise besetzt. Am Stand daneben, wo Nüsse verkauft wurden, war auch einiges los. Sie setzten sich zu einem alten Mann, der mit einem Brötchen Tauben fütterte. Seine Hände zitterten leicht. Er achtete nicht auf sie, als sie ihm kurz zunickte. Sein Blick war fest auf die Vögel geheftet.
Babett saß zwischen den beiden Männern, ganz nah an Rainers Seite. Sie spürte seine Wärme und dachte kurz darüber nach wie lange es her war, dass sie so dicht an der Seite eines Mannes gesessen hatte. Dann wischte sie den Gedanken wieder fort. Sie schielte zu dem alten Mann neben sich und bemerkte, dass er immer wieder einen schnellen und unruhigen Blick über den kleinen Platz wandern lies. Ihr wurde ein wenig unbehaglich zu Mute und sie rückte näher an Rainer heran.
„Sollen wir Platz tauschen?“ Ganz leise hörte sie Rainers Stimme an ihrem Ohr.
Sie hob den Kopf, um ihn in die Augen zu sehen, in diese klaren eisblauen Augen, und schüttelte lächelnd den Kopf.
Auf der anderen Seite, vor einer Häuserwand stand ein Feuerspucker. Es schien als wollte er das Dämmerlicht für sein Geschäft ausnutzen. Babett war froh, dass sie weit von ihm entfernt saß, als er seine brennenden Keulen in schwindelnde Höhen warf. Ein junges Paar kam vorbei. Der Kerl bremste seinen Schritt, um dem Feuerspucker zuzusehen. Aber das Mädchen lief einfach weiter. Er hielt sie nicht in seinem Arm. Stattdessen hatte er eine Hand auf ihre Schulter gelegt. Babett runzelte die Stirn. Das Mädchen musste schöne Haare haben. Unter ihrer grünen Mütze quollen dicke, lockige Strähnen hervor. Ihr Begleiter beeilte sich wieder mit ihr Schritt zu halten, als der Abstand zwischen ihnen so groß wurde, dass er ihre Schulter hätte loslassen müssen. Er sagte etwas zu ihr, sie schüttelte den Kopf, ohne ihn anzusehen und ging mit hängenden Schultern weiter. Hatten sie gestritten? Babett sah ihnen nach, bis sie in der Menschenmenge wieder verschwunden waren und seufzte.
Langsam wurde ihr kalt. Aber sie wollte diesen Moment so lange wie möglich auskosten. So lange wie möglich mit diesem eigentlich fremden, jungen Mann auf der Bank sitzen und das Treiben auf dem Platz beobachten. Ihre eine Hand hielt immer noch den Schal. Leicht lehnte sie den Kopf zu ihm hinüber.
„Danke“ Es war nur ein leises Murmeln, dass aus ihrer tiefsten Seele kam. Eigenartig, wie die wichtigsten Worte manchmal so leise ausgesprochen wurden, dass sie leicht überhört werden konnten.
Rainer antwortete nicht, aber in ihrem Augenwinkel sah sie wie er lächelte während er ganz kurz zu ihr sah und ihren Arm drückte.
Lächelnd schloss sie ihre Augen.
`Das wäre ein schöner Moment, um zu sterben...`, schoss es ihr durch den Kopf.
Aber sie starb nicht. Ihr Herz schlug im regelmäßigen Takt weiter, während sie immer noch lächelnd ihre Augen noch einen Moment geschlossen hielt, um die Wärme besser spüren zu können.

1 Kommentar:

  1. Uff,
    gut dass ich Urlaub habe. Gerade noch das Update geschafft :).
    Hoffe Babett ist noch nicht zu langweilig geworden.
    Grüße
    Kryps

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